Dorfbild mit baulicher Phantasie verschönern
In Rödgen entsteht neben altem Pfarrhaus ein Entbindungsheim - Denkmalschutz beachtet - Wohlwollendes Interesse
Gießen-Rödgen (se). »Unser Dorf soll schöner werden«, heißt der Wettbewerb, mit dem der hessische Minister für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz Bürger der einzelnen Gemeinden aufruft, Beiträge im Rahmen des Umweltschutzes und der Dorferneuerung zu leisten. Vorbildliches tut sich in dieser Hinsicht zur Zeit in Rödgen. Seit knapp eineinhalb Jahren werden einige Gebäude restauriert, die zum Anwesen des alten Pfarramtes gehören. Eigentümer dieser Häuser, die wesentlich zur Verschönerung des Ortsbildes beitragen werden, sind zwei miteinander befreundete Familien, die die Baukörper entdeckten und nun bei der Neugestaltung bzw. Wiederherstellung viel Phantasie entwickelten. Allerdings erhielten Wolf Dieter und Dorothea Heidorn sowie Annegret und Matthias Roth von Freunden auch einige wertvolle Anregungen, die dazu verhalfen, daß die Häuser bereits schon jetzt die Blicke nicht nur der Rödgener Bürger auf sich lenken.
Als hilfreich und erschwerend zugleich erwiesen sich die Auflagen, die bei der Restaurierung dieser unter Denkmalschutz stehenden Gebäude beachtet werden mußten. Erschwerend, weil außen nur gerinfügige Veränderungen vorgenommen werden durften; hilfreich, weil die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen in der Tat die Ursprünglichkeit der Gebäude garantierte. Und so zeigte sich der Denkmalpfleger mit dem Ergebnis der ersten abgeschlossenen Restaurierungen hochzufrieden.
Dabei war es für die Bauherren nicht einfach, geeignete Handwerker zu finden. Denn mit Tätigkeiten dieser Art sind die heimischen Fachkräfte nur wenig vertraut. Und so legten die Mitarbeiter der beteiligten Handwerksbetriebe zu Beginn ihrer Arbeiten eine verständliche Skepsis an den Tag, die allerdings schnell verflog. Die Restaurierung erforderte viel Eigeninitiative und die Handwerker selbst brachten eine Reihe von Ideen in diese nicht alltägliche Arbeit mit ein. Je länger sie an dem Projekt mitwirkten, desto größer wurde ihr Engagement. So zollte denn auch Dorothea Heidorn den Fachleuten aus dem Vogelsberg, ohne die die Verwirklichung der Pläne sicherlich wesentlich schwerer zu erreichen gewesen wäre, ein großes Lob.
Der geometrischen Anordnung der Gebäude sowie der auf dem Hof stehenden Bäume angepaßt ist außerdem der vom Hirzenhainer Künstler Walter von Rüden konzipierte Brunnen, der aus einer Reihe alter Futtertröge zusammengestellt wurde. Dieser Brunnen ist übrigens Mittelpunkt des Hofes, der zur Zeit mit Basalt-Steinen gepflastert wird. Damit wird auch dem Raum vor den Häusern seine Ursprünglichkeit wiedergegeben.
In einem Nebengebäude werden Dorothea und Wolf-Dieter Heidorn ein Entbindungsheim einrichten, das erheblich von den herkömmlichen Kliniken abweicht. Hier werden Frauen ihre Kinder zur Welt bringen können, die, so Dorothea Heidorn, den Gerätepark der Krankenhäuser fürchten und die keine Hausgeburt wünschen. Angeschlossen wird außerdem eine Kinderarztpraxis, und auch eine Bewegungstherapeutin läßt sich in einem Nebenhaus nieder.
Die Gebäude sowie der Hof und der angrenzende Park in der Nähe des alten Rödgener Bahnhofs vermitteln bereits jetzt eine angenehme Atmosphäre. Und so kann es nicht verwundern, daß die Bewohner der umliegenden Häuser diesem Projekt mehr und mehr wohlwollendes Interesse entgegenbringen.
Giessener Allgemeine, 15.06.1985, S. 17