Entbindungsheime nicht im Bettenbedarfsplan Trotz niedrigerer Kosten als im Klinikum zahlen die Krankenkassen nicht - Grund: Überhang von 200 Betten im Raum Gießen Gießen (vm). Obwohl die Kosten für eine Geburt in einem privaten Entbindungsheim teilweise wesentlich niedriger sind als in einer KIinik, werden diese Einrichtungen nicht in den Bettenbedarfsplan aufgenommen. Lediglich das Entbindungsheim in Herborn - neben Rödgen das einzige in Hessen - wird in dieser Kostenaufstellung berücksichtigt, weil es bereits eröffnet worden war, bevor die derzeit gültige Bundespflegeesatzverordnung in Kraft trat. »Der Vertrag mit dem Entbindungsheim Herborn besagt jedoch, daß, sobald die Betreiberin ihren Beruf aus Alters- oder sonstigen Gründen aufgibt, die 19 Betten ihres Heimes aus dem Bedarfsplan gelöscht werden«, erklärte Edmund Arnold, Bezirksgeschäftsführer der Barmer Ersatzkasse und Sprecher des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) in Gießen auf Anfrage der AZ. Eine Kommission habe ermittelt, daß im Raum Gießen allein 200 Betten Überhang existieren; daher müßten alle entsprechenden Anträge abgelehnt werden. »Wir haben keine Aversion gegen derartige Einrichtungen. Das Vorhaben ist keineswegs negativ zu werten, aber es ist schlecht, wenn ein Anbieter zuerst einen Neubau erstellt und dann die entsprechenden Zahlungen verlangt«, erklärte Arnold. Er selbst habe von dem neuen Heim erst bei dessen Einweihung aus der Zeitung erfahren. Die Anbieter sollten sich jedoch grundsätzlich vor Eröffnung einer derartigen Einrichtung zuerst am Markt orientieren. Wenn jede der 20 bis 30 Hebammen im Raum Gießen ein Entbindungsheim eröffnete, würde dies für die Krankenkassen mindestens 100 Betten mehr bedeuten, die letztlich auch von den Bürgern mit versteuert werden müßten. Außerdem seien bei den Pflegesätzen der Entbindungsheime noch nicht die Kosten für Arzt und Hebamme berücksichtigt; würde man alle Kosten addieren, so könnten einige Krankenhäuser durchaus mit diesen Einrichtungen konkurrieren. Bliebe allerdings die Frage, ob sich das Angebot nur an dem Markt oder nicht auch an den Bedürfnissen der Benutzer - also den Wünschen und der Nachfrage der werdenden Mütter - orientieren sollte. Was nutzen vorhandene Betten, bei denen die Umgebung und die Betreuung durch den Arzt und/oder die Hebamme nicht den Vorstellungen der Schwangeren entsprechen? Sollte in diesem Bereich nicht etwas mehr Flexibilität bewiesen werden - auch wenn dies vielleicht zunächst zu Lasten der »traditionellen« Einrichtungen gehen würde? Den Krankenhäusern und Spezialkliniken wäre dadurch auf jeden Fall die Möglichkeit gegeben, sich noch intensiver der Forschung und der Behandlung von Risikofällen zu widmen - für die diese Häuser mit Sicherheit sinnvoll und auch notwendig sind. Giessener Allgemeine, 12.09.1985